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    Dackel

    Einer für alle Fälle ? Auf dem Weg zum Jagdteckel und was das andere Ende der Leine lernen muss
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    Meine Zeit als Jungjäger - "Viel gelernt Du hast - zeigen Du musst was nun in dir steckt ! "
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  • Liebe zum Sumpf

    Liebe zum Sumpf

    Meine ersten Schritte als Jäger im Sumpfrevier
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Urlaubszeit - der erste Jahresurlaub mit Jagdschein.

 

Andere fahren in ferne Länder, ich in den Sumpf. Wer jetzt "The Hound of Baskerville" im Kopf hat, der irrt. Eher Norddeutschland.
Man muss dazu sagen, dass meinem Beständer sein Revier sehr am Herzen lieg und der Jäger in ihm keine Kosten und Mühen gescheut hat, diese einzigartige Landschaft zu erhalten – gar zu fördern. Er hat z.B. einen riesen Fendt angeschafft, über 30 Jahre alt, aber immer noch für gut. Dazu einen Mulcher, der das tote Gras und auch so manch aufstrebendes Pionierbäumchen schreddert. Diese Art der Bewirtschaftung ist noch weniger als die extensive Bewirtschaftung, da lediglich dafür gesorgt wird, dass die Landschaft nicht verkümmert. Das Ergebnis von etlichen Trekkerstunden ist ein traumhaftes Biotop, das vor Leben nur so strotzt. Es hat mich so einige Ansitze gekostet einmal gar nichts zu sehen. Also nicht mal ein Reh – ich finde das sagt einiges.
Wenn das nicht Natur- & Artenschutz, und die Förderung des Lebensraumes zur Erhaltung des Wildes ist, also das was wir unter Hege verstehen ist, dann weiß ich es auch nicht.

 


Das ist für mich etwas Besonderes, ja, Luxus wie es Freunde nannten, seinen Urlaub in so einer Umgebung verbringen zu können. Gewiss geht da noch was, wie z.B. das Verhören des Rotwildes während der Brunftzeit. Aber ich muss ja nicht alles im ersten Jahr erleben...Oder? Gleich am ersten Abend hatte ich schon das Glück, ein kleines Rudel Damwild beobachten zu können und natürlich einige Rehe, darunter auch ein schwarzes Kitz.  Die folgenden Ansitze waren dagegen eher mau, "nur" Rehwild. Einige Abende saß ich auf einen Knopfbock an, aber der lies sich nicht blicken. Auch an anderer Stelle sollte ein Bock stehen, aber auch der verdrückte sich vor mir. Weibliches Rehwild hat dagegen wenig Hemmungen sich zu zeigen und das ist immer einen Blick wert. An anderer Stelle schrieb ich schon mal, das Rehe ganz besonders schöne Tiere sind und ich bin von ihnen noch immer fasziniert. Die Spaßvögel unter ihnen scheinen aber definitiv die Böcke zu sein. Ricken mit ihren Kitzen interessiert eigentlich nur Futtern und ganz süß mit den Lauscher wackeln wenn sie sichern. Durch beobachten kann man auch vieles lernen, sichern sie z.B. länger in eine Richtung, kann durchaus etwas aus der Richtung anwechseln - vielleicht eine Sau?

Ich sitz also Freitagabends auf der Kanzel "Damwild 1", sie stand den ganzen Tag schön in der Sonne und war entsprechend warm. Der Schweiß rinnt mir die Stirn herunter und ich halte es nur mit geöffneter Tür aus - ein Backofen im Grünen. Gute drei Stunden passiert rein gar nichts. Eine Freundin schrieb mir mal " Wenn Männer allein sind, kommen sie auf dumme Ideen!" - Stimmt.... Ich versuchte die Insektenhüllen zu identifizieren, die die Spinnen zurückgelassen haben und... Wo waren die Spinnen? Egal, wieder einmal nehme ich das Glas in die Hand und suche die Ränder ab, aber nüscht. Ich krame ein wenig in meiner Tasche herum und suche das nächste Damelwerkzeug, als mein Blick zufällig einen Fehler in der Matrix erkennt. So nenne ich das, wenn ich glaube, das das Bild der zu überwachenden Fläche sich verändert hat.

Das Glas wieder vom Boden aufgesammelt und meine Vermutung überprüft. Da lacht mein Herz, endlich ein Tier! Ein Stück Rehwild.... Und, wenn mich meinen trüben Augen nicht täuschen, ein Bock! Der Gute ist rund 350m weit weg und ein ganz scheuer. Heraus aus dem Gebüsch, hinein ins Gebüsch, oder doch lieber heraus, ein Blättchen zupfend, duckend in den nächsten Busch.

Weg ist er, naja, die Zeit hätte nicht gereicht die Büchse in die Hand zu nehmen und ganz nebenbei.... 350m, das verbietet sich für mich einfach, das ist in meinen Augen nicht weidmännisch. Ohne entsprechende Ausbildung, also Übung wäre so ein Schuss fahrlässig. Da ich sonst nix zu tun habe guck ich noch mal durch mein 10x40 und siehe da, ganz spitzbübisch lugt der Capreolus vorsichtig aus dem Gebüsch. Ich sehe nur das Haupt und den Träger so wie freche Jungs hinter einer Tür vorbei schauen. So äugt er zu mir herüber, als ist er sich nicht sicher, war die Kanzeltür schon immer offen? Ein breites Grinsen ereilt mich, der „Kollege“ macht mir Spaß.
Er traut sich heraus und stiehlt sich an den Büschen entlang in meine Richtung, ein Hops über den Graben - sichern. Und dann gibt er mit einem mal Vollgas Mitten auf die freie Fläche - Tarnung sieht anders aus - nach 40m Vollbremsung, kurzes Sichern , er markiert mit seiner Stirn die Binsen ( hallo? Im September? ) ....und rasch noch  ein paar Halme äsen - die verbrauchten Kalorien durch den Spurt müssen wohl wieder rein kommen - ein lustiger Kerl, vielleicht ein irrer Typ :-)


"Junge, komm näher, hier ist die schöne Nahrungskonzentratselektion -  das magst Du viel lieber naschen!" denke ich bei mir..... Und wie auf's Stichwort wieder Vollgas. Ich nehme die .30-06 und will sie gerade durchs Fenster der nun herangezogenen Tür führen, da dengel ich erstmal schick mit der Mündung ordentlich ans Holz.  Der Bock bremst im selben Augenblick bekommt mich aber wohl nicht mit. Noch ist er zu weit weg. Er zieht etwas zurück – wie jetzt, haut er jetzt etwa wieder ab? Komme mir vera…t vor !

Ich nehme die Waffe herunter und harre der Dinge die da .... er kommt wieder in meine Richtung! - 98er wieder durchs Fenster, diesmal lautlos – auf gute 100m mit dem Äser an der Sumpfkräuterauslese voran spitz auf mich zu.
Da sind sie, meine Gedanken: soll ich? Was spricht dafür, was dagegen? Ist es die richtige Stelle, Fluchtmöglichkeiten? Er könnte ja noch 100m trotz eines guten Treffers davon springen. Wenn ich so weiter denke, wird das nie was - ich bin hier zum Jagen! In diesem Jahr liegen noch nicht viele Böcke - viele werden mir auch nicht mehr vorkommen. – Sicherheitscheck, Vorderland –Hinterland – Kugelfang, alles grün.

Als er das Haupt hebt komme ich zum Schuss - ein Moment der wie in Zeitlupe vergeht.

 

Das war nicht einfach! Zum einen hat das ganze recht lange gedauert, gute 20 Minuten, gefühlt länger. Zum anderen war es sehr spannend, mein Puls war entsprechend hoch und das Fadenkreuz versuchte auf dem Blatt einen keltischen Knoten nachzufahren. Als der Moment gekommen war, spürte ich, viel Zeit würde er mir nicht lassen. Und dann war da noch die Tatsache, dass ich entgegen meiner bisherigen Jagdmöglichkeiten mit Schußmöglichkeit, diesmal alleine war. Die Entscheidung für den Abschuss, die Folgen - das Bergen und die rote Arbeit, mögliche Nachsuche etc...

Der Bock lag im Knall. Durchs Zielfernrohr konnte ich ihn erkennen. Eine zigarettenlänge Zeit Verstrich und dann musste ich auch schon los. Im letzten Büchsenlicht erlegt würde ich nicht all zuviel Zeit haben Ihn wiederzufinden, der Sumpf wird stockdunkel - richtig schwarz. Als ich herantrat konnte ich den Einschuss erkennen, etwas hochblatt. Das Geschoss traf Lunge und wohl ein Splitter das Rückgrad, also das Genick quasi. Auf der anderen Seite, siehe Bild ( der große Fleck kommt vom Verlust des Haarkleides, ich musste ihn ein paar Meter ziehen ). Ich ging noch mit mir ins Gericht, damit war ich an sich nicht ganz zufrieden. Ich habe halt hohe Ansprüche und die will ich auch behalten, das sollte es wert sein. Natürlich habe ich den Bock noch gerecht verbrochen - etwas Tradition, der letzte Bissen, nicht fürs Foto, sondern um dem Stück eine letzte Ehre, den gebührenden Respekt entgegen zu bringen. Ich mache das auch für mich, meine Gedanken sind bei dem Tier, das ich gerade erlegt habe - bin ein bisschen wehmütig, den "lustigen Vogel" geschossen zu haben.

Aufbrechen - die rote Arbeit - diesmal allein. Keiner da der ein wachendes Auge drauf hat, vertraue meiner Ausbildung und... es ist ja nicht das erste Mal, gut, das vierte ;-) ....  Hat aber alles geklappt, bin zufrieden mit mir, jetzt nur noch in den Kühlschrank hängen. Den Abend verbringe ich, mit Cola light tottrinkend, in der warmen Abendluft auf der Terrasse, lasse das Erlebte revue passieren und denke an meinen Vater, der mich diese Geschichte sicher nicht hätte erzählen lassen ohne eigene Erlebnisse ausführlichst einzuflechten. Ihn hätte es sicher gefreut, schließlich war es einmal seine Waffe, die er mir noch kurz vor meiner Ausbildung und wenige Tage vor seinem Ableben vermachen wollte. Es ein echter Familien-Bock - sogar in dreifacher Hinsicht.

Das ist also mein erstes ganz allein geweidwerktes Stück Wild. Glücklich bin ich, dass der Bock nicht leiden musste. Respekt habe ich gewonnen, vor allen Jägern die ihre Böcke schwieriger erjagen mussten, denn das alles war schon ein Haufen Arbeit – für jemanden der solche Arbeit eben nicht täglich verrichtet.

 

Und zur Verwertung freigegeben sah der Bock dann später so aus:

 

 

K