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Am Stuhl gesägt, verjagt und Schwein gehabt...

Vier Tage nach Vollmond, 2 Stunden nach dem letzten Regen, ganz leichter Wind von ca. 8:00Uhr. Ich sitze im Gebüsch. „Waldkauz“ heißt die Leiter, ich vermute mal weil sich da mal ein Waldkauz auf des Jägers Büchse niederlies und dieser, also der Jäger, sich ordentlich verjagt hatte.


Vor mir liegt ein Weizenschlag, leicht bananeförimg, gut 350m lang und 60m breit. Rechts daneben ein abgeerntetes Rapsfeld 200m x 70m und links neben dem Weizen ein kleiner Tümpel, naja, gestautes Fließgewässer. Die Sicht ist mäßig, entweder hängt eine wabernde Wolke vor dem Mond, oder es nebelt sich langsam ein. Fehlt nur noch das es nieselt – dann wäre die Stimmung ziemlich perfekt für ein Leseabend im Bett gewesen.

Aber, irgendwie riecht es – muffig. Es ist nicht kalt und nach den letzten trockenen Tagen konnte es eine viel versprechende Nacht werden. Immer wieder in den letzten Wochen habe ich entweder hier oder 300m entfernt auf Wild gewartet. Die letzten Male konnte ich recht regelmäßig 5 St. Rehwild beobachten. Der muffige Geruch wird schon fast penetrant, ich denke der Weizen gammelt bereits.


Die Szene wird immer wieder abgeglast. Ich präge mir dabei die dunklen Flecken wie ein Muster ein und suche mir „Haltestellen“, damit ich ggf. Fuchs oder Sau schneller erkennen kann. Das klappte schon ein paar mal sehr gut.


Nachts mit dem Fernglas Wild beobachten ist aber so ne Sache. Da gibt es keine Farben, nur zwei Zustände, hell und dunkel. Es hat etwas von einem Schattentheater – erkenne die Silhouetten. Ein paar mal schon dachte ich „Klasse, Überläufer..:!“ – beobachtete das aber etwas länger und siehe da, Rehwild mit gesenkten Häuptern.
Man, die leben so aber gefährlich. Aber was sollen sie machen? Nun, darauf hoffen, dass der Jäger sich etwas Zeit nimmt, um richtig anzusprechen. Ist übrigens eine dieser weidgerechten, ungeschrieben Gesetze, denen Jäger folgen müssen.
 

Da ich Rehwild aber nicht frei habe, erfreute ich mich wieder an der Schönheit dieser tollen Tiere. Ihr müsst sie mal bei Vollmond betrachten, jeder Muskel erscheint und im richtigen Licht sieht das Reh silbern aus – Vermutlich haben die Geschichtenerfinder durch solche Erscheinungen erst recht Fabeltiere erfunden. Ein wundervoller Anbick.

Aber beim letzten Ansitz ist kein Rehwild zu sehen. Mag wohl am strengen Geruch liegen. Um mich herum knackt und tropft noch alles – der Regen wird aufgesogen wie der Kaffee vom Donut. Es liegt eine gewisse Spannung in der Luft – hatte ich aber schon oft und mal kam Wild ins Glas, mal eben nicht. Die Waffe lege ich vor mich auf die Ablage- sicherster Platz hier oben- das Brett ist nass und das Moos darauf matschig. Innerlich widerstrebt es mir die Waffe da abzulegen und beschließe zukünftig ein weiteres Utensiel meinem Jagdrucksack hinzu zufügen ~ ein Filztuch zur Waffenschonung – nenne es jetzt schon mal „Repetierhandtuch“ in Erinnerung an die schönen Zeiten der Jagdausbildung.
Unter mir raschelt und zirpt es wie immer. Mäuse und Grillen werden es sein. Ich setze schon mal meine aktiven Ohrschützer auf, die Grillen haben mir letztens die Ohren taub gezirpt.

 

Nun bin ich also eingerichtet und glase wartend die „Bühne“ ab. Da spüre ich wie eine kratzende Virbration durch das Holz meines Hochsitzes dringt. Etwa so, als würde jemand die Säge seines Victorinox-Taschenmessers benutzen und an meinem Stuhl sägen. Einen Jagdgegner sehe ich nicht – mache doch mal das Licht des Handys an und mich glotz erschrocken eine Ratte von unten an und kurz darauf verschwindet sie. Ich bin mir sicher, wir beide hatten den gleichen Gedanken : „Watt macht der/die da?“.


Ein halbes Stündchen später ist sie wieder da, weniger „Sägend“ als schmatzend, sie schlabbert sich die Feuchtigkeit vom Holz – muss Durst gehabt haben. Aber warum geht sie nicht 10m weiter zum Tümpel? Versteh einer die Ratten…
 


Das nächste Stündchen passiert erstmal nichts. Wolken im Mondschein verleiten mich dazu mal mit dem Fernglas den Mond genauer zu betrachten und gnieße die Stimmung. Man vergißt so allerlei Alltag dabei und ich merke, wie mir der Ansitz gut tut. War nicht so meine Woche und hier in der Natur kann ich die Akkus besser aufladen als vor der Glotze mit Depri-Filmchen.
 

Eine SMS vom Lehrprinz – Trupp bekloppter Waschbären gehört – na, die Brüder suchen wir ja schon länger. Ich melde zurück, - Bis auf die Ratte vorhin alles ruhig, Uhu noch … -  Stets ist er zuversichtlich und antwortete, dass sich das noch ändern wird.
 

Ich lehne mich zurück, den linken Stiefel am Rahmen verkeilt und lasse mir die Schweinesonne auf den Pelz brennen. Es wird wieder heller und ich nutze die Gelegenheit meine Haltestellen abzusuchen. –STOP – der Fleck ist neu! – Alter … ein Wildschwein, wo kommt das denn her??? !!! Das erste Wildschwein als Jungjäger, das ich in freier Wildbahn sehe.

 

Puls aus dem Stand auf 200

 


Programmablauf gestartet:


-    Entfernung ? -> ca 80m, mittig vom Weizen
-    Wo ist vorn- Gemütszustand? -> Richtung geprüft, Sau steht breit, ist ruhig und gelassen
-    Kugelfang? -> ausreichend gegeben – alles gut
-    Waffe in Anschlag , suche das Ziel -> gefunden
-    (ich staune, das ist definitiv kein Überläufer mehr
-    Geschlecht erkennbar?  -> nein
-    Größe ?  (ich staune) – schätze 60/70kg
-    WARNUNG – könnte eine Bache sein !?!
-    Frischlinge in der Nähe? -> nichts zu erkennen
-    Sau versteckt sich hinter dem wahrscheinlich letzten, aufrechtstehenden „Weizenbusch“ ... Licht aus - Mond weg
-    Nehme die Waffe herunter – will überlegen – in dem Moment pfeift irgend ein Vogel von rechts in meine voll aufgedrehten Pelltors (aktiver Gehörschutz) – mich verjagt es total und reiße die Waffe hoch

 

  Puls 300 !– Was für ein A… - 

 

-    Licht wieder da - suche die Sau
-    Andere Sauen da?  - > nein, nichts zu sehen , aber das Ziel taucht wieder auf.
-    Etwa ein Keiler alleine?
-    WARNUNG – Bachen verlassen manchmal ihren Kessel, keine Garantie auf Keiler
-    ( man ist die Sau groß, ich hatte mich auf Überläufer eingestellt) was tun?
 

 

Ich entscheide mich vorsichtshalber Rückfrage zu halten, ein Fehlabschuss möchte ich nicht riskieren. Also – WhatsApp … tot- keine Verbindung, Threema … tot - keine Verbindung – SMS (das Orignal) … keine VerbindungP A N I K – Warum jetzt??? Ich dreh durch … Notlösung : Anrufen


Kurze Erklärung – Schußfreigabe erteilt – Schwein am Waldrand Richtung Tümpel … doof. Entfernung 130m – Gefahr das es nach dem Schuss zum Nachbarn zieht zu groß. Es kommt näher, aber geschicht an den Büschen. Es ist ahnungslos, weder Telefonat noch Herzschlag noch mein Adrenalin hat sie vernommen … dann zieht es in den Busch zum Teich.
 

 

Ich hoffe noch darauf, dass etwas passiert. Das Glas klebt nun dauernd an meinen Augen. Nichts. Zwanzig Minuten später verjagt es mich fast wieder, direkt unter meinem linken Bein stolpert etwas. Nach dem Vogel kann mich heute nicht mehr viel schocken und komme schnell darauf, dass es wohl der Lehrprinz im Saufieber ist. Starte mein Handy neu – da trudeln seine SMS ein mit dem Hinweis, dass er 80m rechts von mir ist … nun, das ist Minuten her – Pirschen kann er. Ich habe ihn trotz Pelltors nicht gehört – Respekt!

 

Wir warten noch gut ne halbe Stunde, um halb 2 liege ich wieder im Bett –

 

Unglaublicher Ansitz – ich liebe die Jagd.

 

28 Stunden später sehe ich auf meinem Handy ein Bild mit einem Keiler und dem Text an die Jägergruppe gerichtet: „Eigentlich wäre er gestern schon fällig gewesen!“  Er hat ihn also doch noch bekommen – Weidmannsheil!

 

 

 

 

K