Am letzten Wochenende konnte ich das wieder erleben. Samstag 11:00Uhr - zärtliche 33°C und (eine Frisur gibt es schon lange nicht mehr) man baut zwei Leitern – den Sonnenbrand gab es dazu gratis. Damit wir zwischendurch etwas Abwechslung hatten, besuchten wir zwei Kirrungen um die Wildkameras mit neuen Speicherkarten zu bestücken. Dazu noch eine defekte Leitersprosse ausgetauscht und uns alle paar Minuten ein Gefecht mit Pferdebremsen geliefert. Mistviecher – wozu sind die wohl in der Natur gut?
Bei all dem Schweiß freut man sich ja am Ende wenn die Arbeit geschafft ist. Aber nicht nur das, man stellt die Leiter an der Hauswand auf und macht erstmal ein Probesitzen. Da kommt der erste Vertrauenstest: Wenn nix knackt, spürt man eine sehr deutliche Erleichterung in sich! Sau gutes Gefühl !
Den ganzen Tag schon nutzen die Mähdrescher das heiße, trockene Wetter aus. Die restliche Gerste und vor allem der Raps wurden geerntet. Da klingeln normalerweise den Jägern schon die Ohren - Saueneinstand adé – heißt es dann.
Der Raps bietet sich ja als Ruhezone der Sauen super an. Deckung + Schatten + Nahrung = alles da, was Sau braucht. Wenn man ihnen dann aber die Wohnung über den Köpfen abmäht, werden sie schon mal unruhig und ziehen in den nächsten Einstand.
Jetzt kommt Jägers Chance: Am helllichten Tag Anblick!
Dem Jungjäger, der zu einer solchen Jagd geladen wird, überkommt erst ein Grinsen und dann Übelkeit. Naja, sollte es zumindest, denn das heißt, es ist eine Jagdart, die sehr leicht gefährlich werden kann. Mein hiesiger Lehrprinz, nenne ihn mal „Josef“, gab mir noch ein paar Anweisungen wie ich mich zu verhalten habe.
- Es wird immer vom Raps weg geschossen, also weg vom Mäher ! - Warnkleidung tragen, wichtig für die eigene Sicherheit ! - Nur bergauf schiessen – Kugelfang beachten !
Also meinen Platz einehmen und erstmal umschauen. Ich habe mir ein Fenster, einen Winkel oder ein Dreieck, wie auch immer man das nennen möchte, vorgstellt, innerhalb dessen das Antragen der Kugel sicher ist.
Warten – du suchst die Kante immer ab. Jeden Moment kann was kommen. Josef signalisierte mir, dass vor ihm etwas ist. Er ist gut 70m von mir entfernt. Der Mähdrescher kommt vorbei – was ein Ungetüm, was ein Lärm , was ein Staub und wie viele Insekten. Die Schwalben wissen das zu nutzen und jagen ihr Abendbrot. Erinnert an Möven hinterm Fischkutter.
Der Mähdrescher kommt wieder zurück. Jedes mal wenn er vorbei kommt, steigt die Spannung.
Da stehts Du dann als Jungjäger, willst natürlich alles richtig machen. Was ist richtig? Waffe entsichert / gesichert/ im Voranschlag?Ich hätte fragen sollen, aber was denn noch alles? Josef tut mir jetzt schon leid, so viele Fragen die er mir aber alle geduldig beantwortet. Wenn ich mir ein Beispiel an ihm nehmen sollte, weiß ich nicht ob meine Nerven das aushalten würden.
Der Rapsstreifen ist nur noch gut zwei Mähdrescherbreiten tief. Die Maschine kämpfte sich eben von rechts durch. Meine Augen suchen die Kanten ab, teilweise kann ich durch den Raps gucken - ich sehe nichts, höre es nur laut knacken, gebe Zeichen und erhalte Feedback – Josef „funkt“ mit der Hand überm Kopf, ich interpretiere – Rehwild. Dann sehe ich es auch, ein laufkrankes Stück fährtet übers abgemähte Feld Richtung Dorf. Der Fahrer der Dreschmaschine hatte Josef wohl schon gesagt worum es sich handelte. Mein Lehrprinz ging schnellen und doch ruhigen Schrittes das Feld herunter um für das Erlösen des Bockkitzes eine gute Position zu erhalten - klappt aber leider nicht, zu unsicher.
Nach gut 15 min kommt das Erntemonster wieder an, noch 30 m entfernt. Ich sehe einen Schatten 10 Meter rechts von mir nach links durch den Raps tippeln, direkt vor mir erkenne ich den Altfuchs. Vermutlich wird der Fuchs nicht weit von mir links auf das Feld ziehen. Ich entsichere und gehe in den Voranschlag. Die Augen verfolgen Reineke, im Geiste sehe ich noch weiter links von mir mein am Anfang gezeichnetes Sicherheitsfeld, wenn er da hineinläuft … Tatsache, wie geplant verläßt er das Kraut – Anschlag, versuche ihn ins Glas zu bekommen – gefunden! Die Überbleibsel des Getreides sind hoch, bieten dem Roten Deckung, kann ihn aber gut verfolgen, er ist zügig aber nicht hochflüchtig. Dann verliere ich ihn kurz. "Zieh weiter", sagt eine Stimme in mir, mach ich, wieder da und im Sicherheitsbereich, versuche ihn leicht spitz von hinten zu erwischen – Schuss.
Die Bilder habe ich noch gut im Kopf. Das hätte ich nicht gedacht, es ist schon ein paar Tage her, aber der „Film“ ist noch glasklar.
Ich verlasse meinen Posten nicht, rücke nur einen Meter von der Kante, dieses Ungetüm ist respekteinflößend. Josef kommt heran und ich weise ihn ein.Den Fuchs habe ich nicht zeichnen sehen, wohl aber mit den Hinterläufen „stolpernd“ – kann aber auch ein Sprung gewesen sein. Wir finden weder Anschuss noch Schweiß – sehr wahrscheinlich verfehlte die .30-06 ihr Ziel.
Das nächste Feld brachte leider auch keine Wildschweine hervor. Nur ein Spießer ließ sich blicken. Ich saß ein paar Meter weiter auf einer Leiter mit Blick übers daneben liegende Weizenfeld - gute Schußposition. Noch vor Ende des Büchsenlicht ist die Jagd vorbei.
Es war noch lange sehr warm und insgesamt anstrengend. Wie anstrengend fühlte ich aber erst am Sonntagmorgen – „ker“ war ich fertig. Wo bitte geht’s zur Rente?
Meine Erlebnisse erzählte ich am Schießstand einer Jagdkollegin, ich glaube sie grinste innerlich, muss wohl kaputt ausgesehen haben. Jedenfalls erhielt ich im Gegenzug tolle Informationen über die Kreisjägerschaft, unsere Hegeringe und eine klitzekleine Einführung übers „Brummen“ mit den Lippen – Jagdhornblasen kann kommen.
Ich werde sicherlich berichten.
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